Wir saßen im Chez Roger Hassenforder draußen unter einer Markise und tranken ein Bier. Es regnete etwas,
aber wir waren im Trockenen. Ein schönes Gefühl, nach sechs Jahren wieder hier im Elsass in Kaysersberg
zu sein. Der Ort an der Weinstraße hat uns damals schon mit seinem Charme verzaubert. Es war Freitagabend
und wir waren von zuhause um 14:30 Uhr losgefahren, um hier zwei ganze Tage verbringen zu können, bevor
es am Pfingstmontag wieder nach hause ging. Auch beim ersten Aufenthalt haben wir in diesem urgemütlichen
kleinen Hotel mit Restaurant und Brasserie gewohnt, das sich im Herzen der Altstadt befindet. Gebucht hatten
wir das Zimmer etwa zwei Monate vorher.
Anschließend unternahmen wir einen Bummel durch das Städtchen mit seinen schönen Fachwerkhäusern und stiegen
auch noch hinauf zur Kaysersburg (Château de Kaysersberg), von der noch der mächtige Bergfried erhalten
ist. Zum Abendessen gab es deftiges Choucroute alsacienne, ein kulinarisches Muß im Elsass, das man
sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Dazu paßt gut ein Riesling, aber an diesem Abend blieben wir
beim Elsässer Bier.
Blick von der Burg auf Kaysersberg
Auf dem Strohmeyerpfad nach Frankenthal
Für den Samstag hatten wir uns den Sentier des Roches vorgenommen, den spektakulärsten alpinen Steig in den Vogesen.
Er wurde 1910 von Heinrich Strohmeyer aus Munster angelegt, deshalb wird dieser Steig auch Strohmeyerpfad
genannt. Wir frühstückten in der urig-rustikalen Gaststube, die mit vielen Jagdtrophäen und allerlei Krimskrams
ausgeschmückt ist. Ganz nach französischer Art fiel das Frühstück recht mager aus. Zu einem Croissant und einem
Stück Baguette gab es noch Butter, Marmelade und Café au lait.
Anschließend fuhren wir mit dem Auto bei schönstem Wetter zum 1139 Meter hoch gelegenen Col de la Schlucht. Die
Fahrt durch die schöne Berglandschaft war sehr kurzweilig. Am Col de la Schlucht ist ein großer kostenfreier
Parkplatz, wo wir unseren Wagen abstellten. Den Anfang des Wanderweges fanden wir auch gleich. Man geht ein
Stück in Richtung Munster und gegenüber dem Hotel Relais des Roches führt der Weg durch einen Mauerdurchbruch,
wo sich auch ein Wegweiser befindet. Von hier ist der Weiterweg mit einem blauen Rechteck gut gekennzeichnet.
Unterwegs auf dem Strohmeyerpfad
Der eindrucksvolle Weg ist sehr abwechslungsreich und erfordert etwas Trittsicherheit. In ständigem Auf und Ab
verläuft der Steig über Felsbänder, exponierte Felsnasen und Geröllfelder. An gefährlichen und ausgesetzte Stellen
ist der Felsenpfad mit Drahtseilen gesichert. An einigen Stellen sind auch Tritte in den Fels gehauen. Unterwegs
hat man zu seiner Linken meist den tiefen Abgrund und einen herrlichen Ausblick ins Vallée de Munster. Ab und
zu blieben wir stehen, um die schöne Landschaft zugenießen. Eine Seite des Elsass, die wir bislang nicht kannten.
Wenn man den Krappenfels erreicht, ist der Strohmeyerpfad und somit der spannendste Teil der Tour zu Ende. Er
hat uns viel Spaß gemacht.
Unsere Brotzeit bei der Ferme Auberge Frankenthal
Von hier nahmen wir einen Forstweg und gelangten bald in offenes Gelände mit der Ferme Auberge Frankenthal, wo
wir eine ausgiebige Rast einlegten. Die Käserei hatte geöffnet und wir holten uns zwei Vesperbretter mit Käsespezialitäten
und Apfelschorle. Den Begriff Apfelschorle kennt man im Elsass nicht, aber mit jus de pomme avec de l'eau bekamen
wir das gewünschte Getränk. Wir setzten uns ins Gras, aßen und genossen den Ausblick auf die La Martingswand
mit ihren bis zu 60 Meter hohen Kletterfelsen, wo gerade zwei Seilschaften unterwegs waren. Wirklich ein herrliches
Plätzchen und der Käse war eine Gaumenfreude.
Blick zur La Martingswand
Frisch gestärkt machten wir uns auf den Weiterweg zum 1297 Meter hohen Col de Falimont. Wir gingen ein Stück
zurück und folgten dann einem Holzbohlenweg durch ein Hochmoor um den Étange Noir, den Schwarzen Weiher. Von
hier erklommen wir den steilen Pfad in Kehren hinauf zum Pass, wobei wir immer einen schönen Blick auf die La
Martingswand hatten. Von der Passhöhe wanderten wir entlang der Abbruchkante zum Col de la Schlucht zurück.
Die Wege sind gut gekennzeichnet und mit Zeitangaben versehen. Unterwegs machten wir noch einen Abstecher zur
Ferme Auberge Les Trois Fours, wo wir einen Café au lait tranken, dazu gab es leckeren Blaubeerkuchen.
Zum Abendessen fanden wir uns wieder im Hassenforder ein und ließen uns dieses Mal Flammekueche und Baeckeoffe
schmecken. Bei letzterem handelt es sich um einen Eintopf aus Hammel-, Rind-, und Schweinefleisch, Kartoffeln
und Gemüsen. Das kleine Hotel und das Restaurant können wir mit guten Gewissen weiterempfehlen. Der Kellner,
der uns meistens bediente, war ein junger, aufmerksamer und witziger Typ. Wir haben uns dort gut aufgehoben
gefühlt.
Unterwegs auf der Route de Vin - Riquewihr - Mont Sainte Odile
Auf der Rückfahrt vom Col de la Schlucht hat es in Strömen geregnet und auch in der Nacht, aber an diesem Morgen,
es war Pfingstsonntag, kam die Sonne wieder zum Vorschein und versprach einen schönen sonnigen Tag. Nach dem
Frühstück fuhren wir entlang der Elsässer Weinstraße ins benachbarte Städtchen Riquewhir, der Perle der Route de Vin.
Riquewhir liegt im Herzen der Elsässer Weingegend und gehört aufgrund seiner komplett erhaltenen Altstadt aus dem
16. Jahrhundert zu den schönsten Orten Frankreichs.
Dementsprechend groß ist der Andrang von Besuchern. Aber der Ort gehört einfach zu den unumgänglichen Besichtigungszielen
im Elsass. Da wir zeitig dran waren, war noch nicht so viel los. Vom Parkplatz am Ortseingang waren wir nach wenigen
Schritten am Rathaus und schlenderten dann entlang der Rue du Général de Gaulle, der Hauptstraße mit den schönen
Fachwerkhäusern bis zum Dolder, dem mittelalterlichen Wehrturm. Wir bummelten auch durch die schmalen, farbenfrohen
und pittoresken Seitengassen mit ihren verträumten Plätzen. Das Städtchen ist ein wahres Schmuckkästchen.
Riquewihr: wir bummeln entlang der Rue du Général de Gaulle, im Hintergrund der Dolder
Zum Abschluß unseres Stadtbummels tranken wir noch einen Café au lait. Dann wurde es Zeit für die Weiterfahrt,
denn inzwischen war es ziemlich voll geworden. Wir fuhren weiter entlang der Weinstraße über Obernai hinauf auf
den 763 Meter hohen Mont Sainte Odile (Odilienberg), wo es einen großen kostenlosen Parkplatz gibt. Auf dem
felsigen Bergrücken liegt das Odilienkloster, der bedeutendste Wallfahrtsort des Elsass. Von hier oben hatten
wir einen einzigartigen Blick über die elsässische Ebenen bis hinüber zum Rheintal. Bei schönstem Sonnenschein
besichtigten wir das Kloster und erkundeten einen der Fußpfade in der Umgebung, bevor wir weiter nach Le
Hohwald fuhren.
Das Odilienkloster auf dem Mont Sainte Odile
In dem kleinen Ort legten wir eine Rast ein, aßen eine Kleinigkeit und fuhren gemütlich über Landstraßen, die uns
vorbei an sanft gewellten Weinbergen und durch schmucke mittelalterliche Weindörfer mit viel Fachwerk führten,
zurück nach Kayersberg. Kaysersberg ist ein guter Ort, um den heimischen Vorrat an Wein aufzustocken. An der
Brücke über das Flüsschen Weiss, nur wenige Meter vom Restaurant Hassenforder entfernt, ist ein kleiner Laden
vom Weingut Jean Dietrich, wo wir schon beim ersten Aufenthalt guten Riesling gekauft hatten.
Wir entschieden uns für je eine Kiste Riesling und Crémant d'Alsace Rosé. Bevor man hier Wein kauft, kann man
ihn selbstverständlich vorher verkosten. Er war genau nach unserem Geschmack. An unserem letzten Abend im Elsass
gingen wir ins Restaurant Au Lion d'Or, das im Herzen von Kaysersberg liegt, wenige Gehminuten entfernt von
unserer Unterkunft. Das traditionsreiche Restaurant ist seit 1724 in Familienbesitz. Es gibt einen schönen
Innenhof, in dem man bei warmen Wetter essen kann, aber an diesem Abend war es noch zu kühl.
Amelie bestellte sich ein Spargelgericht und ich nahm eine Königinnenpastete, dazu eine Flasche trockenen Riesling.
Zum Dessert gab es Les 3 crémes brûlées für Amélie und Le Kougelopf glacé et ses griottes für mich, ein wahrer
Genuss. Wir verbrachten dort einen entspannten Abend, das Restaurant hat Charme, aber im Hassenforder fanden
wir es irgendwie gemütlicher.
Besuch des Musée Albert Schweitzer - Abstecher nach Colmar
Am Pfingstmontag machten wir uns nach dem Frühstück auf die Heimreise, nicht ohne vorher dem Musée Albert Schweitzer
einen Besuch abzustatten, das nur wenige Meter vom Hassenforder entfernt ist. Der Arzt, Theologe, Organist, Philosoph
und Pazifist Albert Schweitzer wurde am 14. Januar 1875 in Kayersberg geboren. Das Museum befindet sich in seinem
Geburtshaus, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. 1913 gründete er im heutigen Staat Gabun das Urwaldhospital
Lambaréné.
Kaysersberg: Denkmal Albert Schweitzer beim Museum
Die bedeutendste seiner vielen Auszeichnungen war der Friedensnobelpreis, der ihm 1953 zuerkannt wurde. In dem kleinen
Museum trafen wir auf den 87-jährigen Siegfried Neukirch, ein Zeitzeuge, der sieben Jahre an der Seite Albert Schweitzers
in Lambaréné arbeitete. Wir unterhielten uns eine ganze Weile mit ihm und er erzählte uns von der großen Ausstrahlungskraft
Schweitzers und auch ein wenig aus seinem eigenen bewegten Leben.
Die Sonne lachte uns entgegen, als wir gegen 11 Uhr Colmar erreichten, die "Hauptstadt" der Elsässer Weinstraße. In
der Innenstadt fanden wir mühelos ein Parkhaus und machten uns auf den Weg in die verführerische Altstadt, die ihren
mittelalterlichen Charakter mit den vielen guterhaltenen Fachwerkhäusern bewahrt hat. Ohne Zeitdruck ließen wir uns
gemütlich durch die engen Gassen mit Kopfsteinpflaster treiben. Immer wieder kamen wir an schnuckeligen Cafés und
kleinen Lädchen vorbei.
Colmar: an der Lauch in Krutenau (La Petit Venice), rechts die Markthalle
Unser Ziel war Krutenau (La Petit Venice), das wir von einem früheren Besuch kannten. Nach einem schönen Bummel durch Petit
Venice machten wir uns etwas wehmütig auf den Rückweg zum Parkhaus. Unterwegs erstanden wir noch einen guten
Ziegenkäse als Mitbringsel und machten eine Pause in einem Straßencafé. Colmar ist ein Städtchen zum Verlieben
und es bleibt noch reichlich Ungesehenes für einen weiteren Besuch.
Unsere Buchtipps
Im ersten Buch sind 44 Wanderungen beschrieben, auch der Strohmeyerpfad. Das zweite Buch ist schon
etwas älter und enthält mehr allgemeine Hinweise über das Elsass. Das dritte Buch ist ein Krimi
und vermittelt die typische Elsass-Atmosphäre.